Unversorgte Schwerhörigkeit kann Demenzrisiko erhöhen
Hörhilfen können die geistigen Fähigkeiten verbessern
Eine große wissenschaftliche Studie aus Frankreich, die 2018 veröffentlichte Paquid Studie, hat bewiesen, dass Senioren und ältere Menschen, die trotz eines eingeschränkten Hörvermögens keine Hörgeräte verwenden einem viel höheren Risiko für eine Demenzerkrankung ausgesetzt und stärker von geistigem und körperlichem Verfall betroffen sind als Menschen, die Hörgeräte verwenden oder nicht an Schwerhörigkeit leiden. Im Rahmen dieser Studie wurden knapp 3800 Teilnehmer im Alter von über 65 Jahren über einen Zeitraum von 25 Jahren ärztlich begleitet. Erst im November vergangenen Jahres gab es anlässlich des Demenz-Kongresses „ResDem“ in München Berichte über eine Studie aus Taiwan mit Gesundheitsdaten von 16.000 Menschen, die zeigt, dass insbesondere hörbeeinträchtigte Menschen, die zwischen 45 und 64 Jahren alt sind, ein höheres Demenzrisiko haben wie Gleichaltrige ohne Hörschwierigkeiten. Die Gründe für den Zusammenhang sind noch nicht erforscht, wie unser Experte erklärt. Es gibt verschiedene Ansatzpunkte. Menschen, die schlecht hören, ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück, haben so weniger Impulse für das Gehirn, die kognitiven Fähigkeiten verkümmern. Sie werden aufgrund ihrer Einschränkungen, einhergehend mit Einsamkeit und Angst, unter Umständen depressiv, was ebenfalls als Risikofaktor für eine Demenzerkrankung gilt. Ein Hörverlust geht grundsätzlich mit einem Weniger an auditiven Reizen einher, die über die Nervenzellen im Gehirn ankommen. Hierdurch wird die Hirnaktivität zusätzlich gesenkt. Quasi gegensätzlich betrachtet, könnte es aber auch sein, dass ein Hörverlust mit einer Überforderung einhergeht, weil das Hirn zu sehr damit beschäftigt ist, fehlende Nervenimpulse bei Geräuschen zu kompensieren. „Wichtig ist“, so Tim Isermann, „dass Menschen mittleren Alters schon bei dem Verdacht auf ein eventuelles, schleichendes Hördefizit bei einem Arzt oder Hörakustiker Ihres Vertrauens einen Hörtest machen lassen“. Dazu kommt, dass man dann auch bereit sein muss, das „Stigma Hörgerät“ abzulegen, wie er weiter ausführt: „Ein Hörgerät ist nicht gleichbedeutend damit, dass man alt ist. Eine falsche Antwort auf eine akustisch nicht verstandene Frage ist oftmals viel auffälliger als ein Hörgerät“. Durch das regelmäßige Tragen eines Hörgerätes wird die auditive Sinneswahrnehmung allmählich wieder aktiviert, die Hörentwöhnung wird stufenweise akklimatisiert. Das gilt übrigens auch für Menschen, die bereits an Demenz erkrankt sind, wie Tim Isermann unterstreicht. Gerade bei diesen Menschen wird die Sinneswahrnehmung des Hörens oft übersehen bzw. nicht beachtet, so seine Erfahrung. Gerade im Hinblick auf die Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten von Demenzerkrankten mit Hilfe von Gedächtnistraining oder auch Musiktherapie wie auch bezüglich der Ansprache und Kommunikation mit ihnen im Allgemeinen ist unser Experte überzeugt: „Demenzerkrankten hilft gutes Hören!“. Ein Hörtest ist auch bei älteren und an Demenz erkrankten Menschen unproblematisch durchführbar.