Die Erbschaft in Spanien ab August 2015
Tatsache ist, immer mehr Deutsche entscheiden sich, nach Spanien, Italien oder in ein anderes europäisches Land zu ziehen. Sehr oft wird diese Freizügigkeit durch Hindernisse erschwert, die man bei der Regelung der „Rechtsnachfolge von Todes wegen“ überwinden muss, vor allem wenn sich vererbte Vermögensgüter in verschiedenen Ländern befinden. In Spanien leben ca. 5,5 Millionen Bürger aus anderen Ländern, davon sind ungefähr 190.000 älter als 60 Jahre. Kürzlich hat die EU eine neue Verordnung in Bezug auf die Erbfolge und die Schaffung eines europäischen Erbscheins erlassen, um es EU-Bürgern zu ermöglichen, ihren Nachlass im Voraus regeln zu können und eine wirksame Durchsetzung der Rechte von Erben und Vermächtnisnehmern zu gewähren. Diese neue Verordnung tritt ab 17. August 2015 in Kraft. Die Verordnung hat zum Ziel, Rechtssicherheit für die jährlich anfallenden 450.000 grenzüberschreitenden Erbschaftsfälle mit einem Vermögenswert von 125 Milliarden Euro zu schaffen. Die Verordnung ermöglicht, das bei einem Erbfall anzuwendende Recht frei zu wählen. Falls weder ein Testament errichtet noch eine Rechtswahl für den Erbfall getroffen wurde, richtet sich die Rechtsnachfolge im Erbfall nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen. Aber was geschieht nun, wenn ein in Spanien ansässiger deutscher Bürger stirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen, d.h. ohne das anwendbare Recht gewählt zu haben? In diesem Fall gilt die gesetzliche spanische Erbfolge. Man kann sich folgende Beispiele vorstellen: Gesetzt den Fall, dass ein in Barcelona ansässiger Deutscher, der verheiratet und kinderlos ist und dessen Eltern in Deutschland leben, verstirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, würde seine Erbfolge durch das katalonische Gesetz geregelt werden. Seine Frau wäre demnach Universalerbin, seinen Eltern würde der Pflichtteil zustehen, ein Viertel des Nachlasses. Abschließend möchte ich hervorgeheben, was ich praktisch jeden Tag im Büro erlebe. Das deutsche Recht gewährt mehr Freiheit, um die Erbfolge zu bestimmen. Somit begünstigt das deutsche Recht bei Kindern und Ehepartnern, und dies öfter als gewünscht, den Ehepartner, wobei der spanische Pflichtteil bei Kindern größer (fast zwei Drittel der Erbschaft) ist. Angesichts dieser Fakten und des komplexen spanischen Rechtssystems mit den verschiedenen Rechtsordnungen wäre es empfehlenswert, die Erbfolge im Todesfall vorab per Testament festzulegen, falls Sie Eigentum im Ausland besitzen. Autorin: Raquel Cerezo Ramírez, Spanische Rechtsanwältin, Abogada, Oldenburg. Infos unter: www.spanischer-anwalt.de ; Tel.: 0441/ 21 868 - 80.
Sollten Sie überlegen, Ihren Wohnsitz nach Spanien zu verlegen, so wäre es zweckmäßig, den Erbschaftsfall vor dem Umzug zu regeln, indem Sie in Deutschland ein Testament errichten, in dem Sie festlegen, dass auf Ihren Erbfall das deutsche Recht Anwendung finden soll. Häufig kommt es vor, dass Mandanten zwei Testamente errichten, eines in Spanien und ein weiteres in Deutschland. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass diese Doppelung mehr Verwirrung als Klarheit schafft, daher empfehle ich meinen Mandanten stets, ein einziges Testament an dem Ort zu errichten, an dem sie wohnen. Mit diesem Testament kann die Erbfolge geregelt werden, auch wenn die Erben in einem anderen Land leben oder das Vermögen sich in verschiedenen europäischen Ländern befindet.
Es muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass es in Spanien regionale Foralrechte gibt und in Autonomen Gemeinschaften wie den Balearen, Baskenland, Katalonien, Galizien, Aragon und Navarra dieses Foralrecht auf Erbschaften angewendet wird.
Foralrechte sind besondere Rechte für einige Autonome Gemeinschaften, die fast ausschließlich Zivilsachen (Erb- oder Familiensachen) regeln. Diese Rechte sind manchmal sehr unterschiedlich und bestehen in Spanien aus historischen Gründen seit langer Zeit. Ein gutes Beispiel ist der Anteil der Pflichtteile. In Catalunya beträgt der Anteil des Pflichtteils ein Viertel des Nachlasses, in Andalusien dagegen beträgt die Höhe des Anteils des Pflichtteils zwei Drittel des Nachlasses.
Würde dieser Deutsche in Andalusien leben, fände das spanische Zivilrecht Anwendung. In diesem Fall sind die Eltern des Erblassers die Erben, seine Ehefrau würde lediglich den Nießbrauch der Hälfte der Erbschaft erhalten.