Berliner Testament
Eine immer noch gern gewählte Form des Ehegattentestaments ist das so genannte „Berliner Testament“. In einem solchen setzen sich die Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben ein und bestimmen für den Fall des Todes des Letztversterbenden einen Schlusserben. Schlusserben sind hierbei in der Regel die gemeinsamen Kinder. Es können aber auch durchaus andere Personen letztwillig als Schlusserben bedacht werden. Dies gilt allerdings nur für „wechselseitige“ Verfügungen. Danach sind Verfügungen dann wechselseitig und somit bindend, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des Einen nicht ohne die Verfügung des Anderen getroffen worden wäre; wenn also jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die Andere getroffen worden ist und nach dem Willen des gemeinschaftlichen Testierenden die Eine mit der Anderen stehen oder fallen soll. In Bezug auf die Abänderbarkeit der Schlusserbenbestimmung durch den überlebenden Ehegatten ist entscheidend, um wen es sich bei der Person des Schlusserben handelt. Das Gesetz geht davon aus, dass, je enger das Verhältnis zwischen Ehegatten und Schlusserben, um so eher wollte der verfügende Ehegatten diese Erbeinsetzung auch bindend für den anderen treffen. In der Praxis kann dies zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen: In einem vom Kammergericht Berlin in 2015 zu entscheidenden Fall waren als Schlusserben die gemeinschaftlichen Kinder der Eheleute vorgesehen. Hier nimmt das Gericht eine Bindungswirkung an, so dass eine andere Erbeinsetzung nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr möglich ist. Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung: „Denn ein Ehegatte wird die durch die Einsetzung des anderen Ehegatten zum Alleinerben verbundene Enterbung der gemeinsamen Kinder regelmäßig nur in Kauf nehmen, weil der andere Ehegatte sie zugleich als Schlusserben einsetzt und so sichergestellt ist, dass die Kinder zumindest im zweiten Erbgang am Familienvermögen teilhaben können.“ Autorin des Beitrags: Rechtsanwältin Nadine Hellmers ist Fachanwältin für Familienrecht und in der Kanzlei Barkemeyer & Partner schwerpunktmäßig im Erbrecht tätig. Sie ist zu erreichen in 26135 Oldenburg, Altburgstraße 17 (Tel.: 0441 – 20 55 35-0).
Probleme können dann auftreten, wenn der überlebende Ehegatte nach dem Tod des Erstversterbenden mit der seinerzeit eingesetzten Schlusserbenbestimmung nicht mehr einverstanden ist. Dem – gegebenenfalls berechtigten – Wunsch auf Änderung der Person des Schlusserben könnte nämlich eine so genannte Bindungswirkung entgegenstehen. Verfügungen in einem Ehegattentestament sind nämlich nur noch zu Lebzeiten beider Eheleute abänderbar; es sei denn, sie haben sich im Testament ausdrücklich eine Abänderungsmöglichkeit vorbehalten. Die Eheleute sind somit an ihren im Testament niedergelegten Willen gebunden.
Für die wechselseitige Erbeinsetzung der Eheleute im Berliner Testament trifft dies zu. Allerdings bedeutet dies nicht auch per se, dass sich diese Bindungswirkung auch auf die Erbeinsetzung des Schlusserben erstreckt. Die gesetzliche Regelung des § 2270 BGB bezieht sich nämlich nicht auf das Testament als Ganzes, sondern auf die darin getroffenen einzelnen Verfügungen, also Erbeinsetzungen. In einem gemeinschaftlichen Testament werden in der Regel mehrere Verfügungen getroffen. Hierbei ist für jede einzelne Verfügung gesondert zu prüfen, ob diese auch nach dem Willen der Ehegatten eine Bindungswirkung haben soll.
Anders in einem von dem Oberlandesgericht Saarbrücken in 2014 zu entscheidenden Fall: Hier waren als Schlusserben uneheliche, eben nicht gemeinsame Kinder der Eheleute eingesetzt. In diesem Fall, so das OLG Saarbrücken, sei keine Bindungswirkung eingetreten: „Bei der Ermittlung des Erblasserwillens muss nämlich berücksichtigt werden, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung beim Fehlen verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen dem zuerst verstorbenen Ehegatten und dem eingesetzten Schlusserben der Längstlebende berechtigt bleiben soll, die Erbfolge anderweitig festzusetzen.“ In diesem Fall durfte der Überlebende also, anders als bei gemeinschaftlichen Kindern, einen anderen Schlusserben einsetzen, als im Berliner Testament vorgesehen. Das Stiefkind wurde daher trotz der Erbeinsetzung im „Berliner Testament“ durch ein neues Testament wirksam enterbt.