Auch Rückfahrkameras sehen nicht alles
Rempler im Parkhaus – Eine Rückfahrkamera entbindet nicht von einer Rückschaupflicht
Große Autos haben sie, kleinere zunehmend auch. Und wer sie hat, will sie nicht mehr missen: die Rückfahrkamera. Plötzlich werden bisher dunkle Bereiche beim Rangieren für den Fahrer erkennbar. Neue Welten eröffnen sich. Kein Verrenken des Fahrerrückens mehr beim Rückwärtsfahren in die enge Parklücke. Wunderbarer Luxus! Dieser birgt – wie das so ist mit Luxusartikeln – auch gewisse Tücken, wie ein aktueller Fall aus Hannover zeigt. Hier hatte ein Jaguarfahrerin mit ihrer Limousine ein örtliches Parkhaus aufgesucht. Ein freier Parkplatz fand sich und die Frau setzte freudig rückwärts in die Lücke ein. Die automatisch aufleuchtende Rückfahrkamera erfasste den Bereich, alles schien frei zu sein und so stieß die Fahrerin zurück. Mit Schrecken musste sie dann aber realisieren, dass sie soeben kraftvoll gegen ein Hindernis gestoßen war. An der Wand zum Parkplatz befand sich nämlich ein Lüftungsschacht. Eine Metallstange dieser Anlage ragte in den Luftraum des freien Parkraums. Diese Stange war wegen der niedrigen Position weder für die Fahrerin von ihrer Fahrerposition aus noch für die Rückwärtssensoren des Fahrzeugs erkennbar. Am Fahrzeug entstand ein erheblicher Sachschaden. Die Reparaturkosten für den Kofferraum beliefen sich auf über 2000 Euro. Der Ehemann als Fahrzeughalter forderte daraufhin Schadensersatz vom Parkhausbetreiber, einer Eigentümergesellschaft. Da man sich außergerichtlich nicht zu einigen vermochte, wurde die Sache schließlich beim Amtsgericht verhandelt. Der Kläger meinte, seine Ehefrau habe mit dem Jaguar rückwärts in den Parkplatz einparken wollen und dabei die gesamte Zeit auf das Bild der Rückfahrkamera geachtet. Ein Hindernis wurde hier nicht angezeigt, auch gab es kein akustisches Signal, welches auf ein Hindernis hingewiesen hätte. Dennoch sei die Frau gegen die in den Parkraum ragende Metallstange gefahren. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die Eigentümergesellschaft in dieser Situation eine Verkehrssicherungspflicht treffen wurde. Sie hätte dafür Sorge zu tragen, dass solche Stangen oder sonstige Gegenstände nicht in als Parkplatz ausgewiesene Bereiche zu ragen hätten. Das Amtsgericht Hannover konnte dieser Auffassung nicht folgen und wies die Klage ab. Das Gericht hatte in seiner Urteilsbegründung (Amtsgericht Hannover, Az: 438 C 1632/14) festgestellt, dass durch das Parkhaus gerade keine Verkehrssicherungspflichten verletzt wurde. Die Gefahrenquelle, ein mit Metallstreben befestigter Lüftungsschacht, wurde durch die Beklagte mit einem rot-weißen Klebeband hervorgehoben. Diese Kennzeichnung sei ausreichend, um auf die Gefahr hinzuweisen. Das reichte dem klagenden Fahrzeughalter nicht, er legte gegen das Amtsgerichtsurteil Berufung und eine sog. Gehörsrüge ein. Leider ohne Erfolg. Dieses doch mittlerweile sehr praxisrelevante Urteil zeigt erneut auf, dass sich der Benutzer eines Parkhauses die Örtlichkeiten vorher selbst genau ansehen und nach Hindernissen umschauen muss. Eine Rückfahrkamera entbindet nicht von einer Rückschaupflicht und generell nicht von einem umsichtigen (Rückwärts-)Einparken.