Inkassounternehmen oder Rechtsanwalt?
Ihr Kunde hat die Rechnung immer noch nicht beglichen und Sie überlegen, das Inkasso einem Profi zu überlassen? Dann haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie beauftragen einen Rechtsanwalt – oder Sie überlassen die Aufgabe einem Inkassobüro. Zusammenarbeit mit Inkassounternehmen Nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz beschäftigt sich das Inkassounternehmen mit der Beitreibung offensichtlich unstreitiger Forderungen. Moderne Inkassounternehmen verstehen sich dabei als Vermittler zwischen Gläubiger und Schuldner. Im Vordergrund stehen daher in erster Linie die Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen und kostenintensiver Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die häufig zudem ins Leere gehen. Erst wenn alle außergerichtlichen Beitreibungsmaßnahmen ausgeschöpft sind, wird das Inkassounternehmen das gerichtliche Mahnverfahren einleiten. Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten Der Rechtsanwalt ist der klassische Helfer in der Rechtsberatung des Gläubigers. Er mahnt eine offene Forderung i.d.R. noch einmal schriftlich an, um sich als Bevollmächtigter des Gläubigers zu legitimieren und sich dann mit möglichen Einwendungen auseinanderzusetzen. Er lässt die Forderung im Mahnverfahren oder – bei streitigen Forderungen – im normalen Erkenntnisverfahren titulieren. Inkassounternehmen oder Rechtsanwalt Die Antwort auf die Frage, ob Sie bei überfälligen Forderungen besser mit einem Rechtsanwalt oder einem Inkassounternehmen zusammenarbeiten sollten, hängt letztlich vom Einzelfall ab. Ausschließlicher Ansprechpartner in strittigen Fällen ist der Rechtsanwalt. Bei unstrittigen Inkassofällen ist der Gläubiger gut beraten, wenn er sich im Einzelnen vom Rechtsanwalt erläutern lässt, über welche Instrumente des Forderungsinkassos er verfügt, insbesondere, ob und in welcher Weise er den Schuldner persönlich anspricht. Inkassounternehmen sind auf den Einzug unstrittiger, überfälliger Forderungen spezialisiert, verfügen über das erforderliche Know how der persönlichen Ansprache des Schuldners und sind auf die Bearbeitung großer Fallzahlen eingerichtet. Ob Inkassounternehmen oder Rechtsanwalt – für viele Gläubiger lohnt sich auch ein Blick auf die Vergütungsregelungen. Autor dieses Beitrags: Frank Kalkbrenner, Betreiber des Oldenburger Inkassounternehmens Kalkbrenner Inkasso- ud Forderungsmanagement
Wird das Inkassounternehmen beauftragt, wird es den Schuldner zunächst schriftlich über die Beauftragung informieren und zum Ausgleich der offenen Forderung auffordern. Gleichzeitig wird das Unternehmen Auskünfte zur Bonität des Schuldners einholen, um unter anderem mögliche Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis zu erfahren. So werden zum einen „aussichtslose“ Fälle identifiziert, bevor weitere Kosten, zum Beispiel durch ein gerichtliches Mahnverfahren, entstehen. Zum anderen dienen diese Informationen als Grundlage für das (Telefon-)gespräch mit dem Schuldner, das mit ihm geführt wird, sofern der Ausgleich der offenen Forderungen ausbleibt. Hierbei werden in jedem Einzelfall individuelle Lösungen gesucht, die den tatsächlichen Lebensumständen und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsprechen – denn der beste Beitreibungserfolg lässt sich in Kooperation mit dem Schuldner erzielen. Solche Lösungen münden häufig in Teilzahlungsvereinbarungen oder auch in einer Stundung, seltener in einem Vergleich.
Inkassounternehmen, die ihr Geschäft verstehen, lösen über 50 Prozent aller eingehenden Aufträge ohne Einschaltung der Gerichte – für einzelne Branchen sind es sogar 70 bis 80 Prozent. Unter Berücksichtigung der als „aussichtslos“ identifizierten Inkassofälle beantragt das Inkassounternehmen auf Wunsch des Gläubigers für die verbleibenden Fälle das gerichtliche Mahnverfahren. Ob im vorgerichtlichen oder gerichtlichen Verfahren: Sämtliche Kosten, die mit der Beitreibung einer Forderung entstehen, hat der Schuldner zu tragen, wenn er sich in Zahlungsverzug befindet. Sofern der Schuldner nicht zahlen kann, weil er zum Beispiel vermögenslos ist, entstehen dem Gläubiger neben den Barauslagen des Inkassounternehmens (zum Beispiel Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten) keine ernsthaften Kosten, da Inkassounternehmen in der Regel auf Erfolgsbasis tätig werden und im Negativfall keine Honorare berechnen.
Die Kernkompetenz des Rechtsanwaltes liegt gewöhnlich in der Bearbeitung von einzelnen streitigen Forderungen – dies ist auch der wirtschaftlich interessanteste Tätigkeitsbereich für ihn. Mit Blick auf die Vergütungsordnung für Rechtsanwälte fällt das Mahnverfahren hingegen ab. Insoweit ist feststellbar, dass viele Rechtsanwälte sämtliche Tätigkeiten im gerichtlichen Mahnverfahren und der sich anschließenden Zwangsvollstreckung auf Mitarbeiter delegieren.
Nur wenige Rechtsanwälte bieten dem Gläubiger über das außergerichtliche schriftliche Mahnverfahren und die in den gerichtlichen Verfahren zulässigen Aktionen hinausgehende Maßnahmen des Forderungsinkassos an, zum Beispiel sind Maßnahmen des Telefoninkassos bei Rechtsanwälten die ganz große Ausnahme. Wenig stark ausgeprägt ist bei Rechtsanwälten auch das Informationsmanagement. Anwälte arbeiten in der Regel einzelfallbezogen. Dies erzwingen schon die häufig beschränkten Fallzahlen. So verfügen sie gewöhnlich nur über einen geringen Datenbestand über Schuldner und nutzen auch andere Anbieter solcher Informationen nur partiell. „Aussichtslose“ Inkassoverfahren werden so nicht erkannt – die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens tragen in diesen Fällen die Gläubiger. Hinzu kommen die Anwaltshonorare, da Rechtsanwälte üblicherweise nicht auf Erfolgsbasis tätig werden.